Elektra Lives Again (1990)

Epic/Marvel Comics

Matt Murdock kann nicht schlafen. Ihn plagen Schuldgefühle wegen Elektras Tod. Immer wieder träumt er von ihr, wie sie gefesselt vor Zombies flieht, die über sie herfallen. Er ruft Karen an, sucht Trost bei einer anderen Frau. Schließlich trifft er die wiederbelebte Elektra wieder und bekämpft mit ihr Ninjas auf einem Friedhof.

Bullseye wird im Gefängnis getötet. Elektra will sichergehen, dass er es auch bleibt, doch dann wird sie in der Leichenhalle von Untoten angegriffen. Schließlich gelingt es The Hand, Bullseye von den Toten wiederauferstehen zu lassen – und Matt muss dabei zusehen, wie sich Geschichte wiederholt.

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Elektra Lives Again ist ein ungewöhnlicher Comic. Zunächst einmal vom Format her: Es ist ein größeres, fast quadratisches Seitenformat. Dann sieht man kaum etwas von Daredevil. Auch Elektra ist nur selten im roten Kostüm zu sehen. Wir lesen die Geschichte aus Matts Sicht, das Meiste ist Introspektion in Miller’scher Hardboiled-Manier, Dialoge sind spärlich.

Auch als Zeichner ist Frank Miller auf der Höhe seiner Kunst. Gekonnt changiert er zwischen einer überbordenden Detailfülle und Reduktion aufs Nötigste, dann experimentiert er mit ungewöhnlichen Layouts, wie etwa bei bei der Treppe in Matts Apartment, die sich spiralförmig in der Unendlichkeit zu verlieren scheint. Lynn Varley trägt mit ihren gedeckten Farben zu einer kalten Atmosphäre, aber auch zu einer großen Plastizität von Figuren und Hintergründen bei.

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Das Setting ist ebenfalls eigenartig: Einerseits ist es April, andererseits ist alles verschneit und ein Kind auf der Straße singt Weihnachtslieder. Winter und Frühling, Tod und Auferstehung, liegen eng beieinander – so wie Elektras Körper ein kalter bleibt.

Elektra Lives Again (dt. Elektra lebt, Feest/Ehapa 1993) erzählt vielleicht keine weltbewegende Story, dafür wiederholen sich die Ereignisse zu sehr, dafür aber handelt es sich um große Comickunst, die zu Recht mit dem Eisner Award ausgezeichnet wurde.

>> Elektra by Frank Miller Omnibus (2016) [enthält auch Elektra: Assassin #1-8]

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Daredevil: Reborn (2011)

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Matt Murdock sucht sich selbst. Nachdem er in Shadowland von einem bösen Dämon besessen war, der ihn zum Mörder werden ließ, durchstreift er einsam die Wüste von New Mexico, trifft einen blinden Jungen an einem Diner und erteilt ihm Ratschläge. Dann wird er von Rednecks belästigt und grundlos verprügelt, dann droht ihm der Sheriff, er solle möglichst schnell abhauen, bevor er ihn wegen Herumtreiberei einsperre.

Bevor man sich an Rambo (First Blood) erinnert fühlen kann, entdeckt Matt ein Massengrab mit Polizistenleichen und findet heraus, dass der Polizist illegal Waffen nach Mexiko rüberschafft und dafür Heroin bekommt. Auch die Rednecks stecken mit drin, und einer davon schlägt die alkoholkranke Mutter des Jungen, die sich auch noch prostituiert.

Matt muss also auch in seinem Urlaub den Helden spielen, sodass er gar keine Zeit hat, über sich selbst nachzudenken. Die Selbstfindung findet eher durch handfestes Eingreifen, sprich: helfen, statt. Zunächst weigert er sich sogar, sich zu wehren, dann aber lässt er sich zu waghalsigen wie aufwendigen Aktionen hinreißen, indem er das Auto der Rednecks über einen Abgrund hängen lässt und das Stahlseil langsam durchschneidet.

Natürlich überlebt er einen Kopfschuss und tiefen Sturz ins Wasser (denn er ist Daredevil) und am Ende konfrontiert ihn der Endboss (Calavera) mit seinen Ängsten, die er natürlich schnell überwindet, da er bekanntlich keine (mehr) hat, sodass er mit Leichtigkeit den Tag retten kann. Nach vier schnell zu lesenden Ausgaben ist das kleine Abenteuer vorbei.

Das reicht auch schon, um sich von dem Shadowland-Debakel zu erholen, nach New York zurückzukehren, sich Foggy zu zeigen und wieder das rote Kostüm anzulegen. Nächstes Mal: Neustart mit Mark Waid!

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Daredevil: Shadowland

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Kaum hat sich Daredevil als Anführer von The Hand etabliert (siehe The Devil’s Hand), verliert er die Kontrolle – nämlich über sich selbst. Besessen von einem bösen Dämon (The Beast) trägt er nun schwarz, bewohnt eine Festung namens Shadowland und geht über Leichen. Die erste: Bullseye. DD tötet ihn im Gefecht. Doch kaum ist Lester unter der Erde, lässt ihn DD wieder ausbuddeln, um ihn wiederzuerwecken – man braucht halt gutes Personal.

Sonst lässt Matt niemanden an sich heran. Er verschanzt sich in seiner Festung und lässt seine Ninjas eine Schreckensherrschaft in Hell’s Kitchen errichten. In der Zwischenzeit versammeln sich die Street Level Heroes (Luke Cage, Iron Fist, Moon Knight, Spider-Man etc.), um Matt wieder zur Vernunft zu bringen. Mit dabei als Special Guests sind auch Elektra und Wolverine. Doch Matt lässt sich auf Diskussionen nicht ein: Entweder sie schließen sich ihm an oder sie können wieder gehen. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn. Wilson Fisk versucht, die Aufregung zu seinen Gunsten zu nutzen und beschwört den Ghost Rider herauf …

Habe ich irgendwas vergessen? Ganz bestimmt. In dieser Gemengelage, in der sich die Ereignisse überstürzen und die Figuren häufen, kann man kaum den Überblick behalten. Die Verwirrung beginnt schon bei der Lesereihenfolge. Da gibt es das Hauptevent Shadowland und dann noch den Band Daredevil: Shadowland (#508-512), den man weder davor noch danach lesen sollte, sondern jeweils im Wechsel mit dem Hauptevent, um die Lücken zu füllen und zu erfahren, was Foggy Nelson, Dakota North und Becky treiben und versuchen, sich in einem chaotischen Hell’s Kitchen am Leben zu halten.

Nach all dem langen Aufbau mit Lady Bullseye, der Rückkehr des Kingpin und der Übernahme von The Hand enttäuscht das Event jedoch mit reiner Action und einem seelenlosen Helden, der zum Schurken mutiert, aber da er das nicht einmal aus freien Stücken tut, wirkt das Ganze ziemlich hohl. Am Ende reicht nur ein kleiner Energieschub von Iron Fist und Matt findet wieder zu sich selbst zurück. Ohne die Zwischenspiele über die Nebencharaktere wäre es ein reines Kampfspektakel. Am Ende suchen Ben Urich und Detective Alex Kurtz nach dem verschollenen Matt Murdock, finden aber nur einen neuen Stellvertreter: Black Panther.

Andy Diggle erzählt seine Story zu Ende in der vierteiligen Miniserie Daredevil: Reborn. Matt taucht unter und begibt sich auf Sinn- und Selbstsuche, bevor Mark Waid als Autor übernimmt und dem Helden neues Leben einhaucht.

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Daredevil: The Devil’s Hand

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Matt Murdock hat die Führung von The Hand übernommen. Nun ist er „Lord Daredevil“ und will die Verbrecherbande von Ninja-Attentätern reformieren. Das ist gar nicht so leicht, denn alte Gewohnheiten sind schwer abzugewöhnen, aber er hat Hilfe von Black Tarantula und White Tiger, außerdem gibt es äußere Feinde, die noch viel grausamer sind, wie etwa Kingpin (Wilson Fisk) und Norman Osborn, der mit seiner H.A.M.M.E.R.-Truppe und seinen „Dark Avengers“ mit Bullseye die Stadt im Würgegriff hält. Polizisten und Richter müssen dran glauben, aber auch Hausbesetzer, die sich gegen Gentrifizierung wehren. Bullseye tötet über 100 Menschen auf einen Schlag.

Nachdem DD mit seinen Ninjas sein Revier markiert und dem Verbrechen den Krieg erklärt hat, fliegt er erst mal nach Japan, wo er an einer Hand-Versammlung teilnimmt. Einer der Daimyos, Bakuto, begehrt gegen den neuen Anführer auf. Dann werden Bakuto und Daredevil von Ninjas angegriffen. Wer steckt dahinter?

Wir sehen, wie der neue Boss sich erstmal behaupten muss, um sich Respekt zu verdienen. So reizvoll die Idee erscheint, den Helden in eine fremde, gar feindliche Umgebung zu stecken, wird bei all dem klar, dass er eigentlich fehl am Platze ist. Man fragt sich, wozu man ihn eigentlich an der Spitze der Organisation haben wollte, wenn er von Anfang an Gegner in eigenen Reihen hat. Das alles wirkt arg bemüht. Daredevil lässt sich auf einen Teufelspakt ein, bis er selbst zum Teufel wird.

Mit all dem wird das Event Shadowland vorbereitet.

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Daredevil: Return of the King

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Kingpin Wilson Fisk hat nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis ein neues Leben angefangen: In Spanien lebt er mit einer Freundin und ihren zwei Kindern. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Die Killer von The Hand bringen die Familie um. Damit will Lady Bullseye Fisk gegen Daredevil aufhetzen, der zuletzt das Angebot ausgeschlagen hat, zum Anführer der Bande zu werden. Fisk bietet DD aber einen Pakt an, um The Hand zu vernichten, die in New York die Unterwelt niedermetzelt. Tatsächlich aber verfolgt er ganz andere Ziele: Er will selbst zum Anführer werden. Einer seiner Verbündeten in diesem Doppelspiel ist The Owl.

Derweil muss sich Matt Murdock mit den Eltern seiner Frau Milla herumschlagen, die immer noch in der Psychiatrie sitzt. Sie wollen ihn dazu bringen, der Scheidung einzuwilligen. Dazu erpressen sie ihn mit Fotos von der kurzen Affäre mit Dakota North. Und als wäre alles nicht schlimm genug, schmeißt ihn Foggy Nelson auch noch aus der Kanzlei. Dann wird er selbst zum Ziel der Attentäter.

Daredevil hat nix zu verlieren

ACHTUNG: SPOILER!

In Ed Brubakers Daredevil-Finale entfaltet sich ein kompliziertes Hin und Her, bei dem man leicht den Überblick verlieren kann, was die einzelnen Akteure wollen. Doch am Ende ist klar: Daredevil besiegt Owl, Fisk und Lady Bullseye wird zum Anführer von The Hand. Überzeugend ist das nicht. Master Izo, der alte weise Blinde aus dem fernen Osten, redet ihm ein, er könne eine Terrororganisation aus dem Inneren heraus ändern – und das scheint Matt zu reichen, um seine Seele zu verkaufen. Aber da er ohnehin kein Leben mehr zu haben scheint, ist das anscheinend keine große Sache mehr für ihn.

Für das Finale wurde Ausgabe #120 zu #500 erklärt. Darin dürfen auch DD-Veteranen Klaus Janson und Chris Samnee Rückblenden zeichnen, außerdem gibt es als Beigabe noch eine schöne kleine Kurzgeschichte über einen Kampf mit Bullseye, geschrieben von Ann Nocenti und gezeichnet von dem wunderbaren David Aja (Hawkeye). (Wozu man außerdem noch Daredevil #191 von Frank Miller nachgedruckt hat, bleibt schleierhaft.)

Wie es mit Daredevil und The Hand weitergeht, erzählt dann Andy Diggle weiter in The Devil’s Hand und dem Event Shadowland.

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Daredevil: Lady Bullseye

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Früher oder später werden alle Figuren einmal weiblich – oder bekommen zumindest eine weibliche Entsprechung. Diesmal ist es Daredevils Erzfeind Bullseye. Ed Brubaker hat sich überlegt, dass der Schurke vor Jahren in Tokio eine Frau inspiriert haben könnte, es ihm gleichzutun. Einst war sie eine Gefangene von Menschenhändlern, dann nutzte sie einen von Bullseyes Angriffen, um zu entkommen und wurde daraufhin zur Mörderin und endete als Lady Bullseye bei der Ninja-Organisation The Hand.

Nun bringt sie in New York willkürlich zwei Männer um und schiebt es Daredevil in die Schuhe. Die Presse bekommt davon Wind, und kaum steht es in der Zeitung, wird Matt Murdock verhaftet – schon wieder, es entwickelt sich langsam zum Running Gag. Doch er hat ein Alibi: Er hat die Nacht mit Privatdetektivin Dakota North verbracht, mit schlechtem Gewissen, denn er ist immer noch mit Milla verheiratet. Die Ehe allerdings macht gerade schwere Zeiten durch, denn Milla sitzt noch immer in der Psychiatrie.

Lady Bullseye lässt DDs Kumpels Iron Fist, Black Tarantula und White Tiger angreifen – und dann überreichen Millas Eltern Matt die Scheidungspapiere von Milla. Was ist hier los?

ACHTUNG: SPOILER!

Das fragt man sich sehr lange, bis am Ende herauskommt: Lady Bullseye will Daredevil für The Hand rekrutieren – er soll die Organisation anführen. Eine sehr seltsame Anwerbungsmethode, doch der Sinn dahinter ist, seine Probleme loszuwerden und seine Freunde zu Helfern zu machen.

Auch wenn es im Rückblick halbwegs Sinn ergibt: Diese Storyline ist die bisher schwächste, die Ed Brubaker für Daredevil abliefert. Zwar bietet sie viel Action, aber es ist schwierig, Spannung zu empfinden, wenn man nicht mal weiß, worum gekämpft wird, und ernst erscheint die Lage auch nie, weil man ahnt, es geht hier eher um Tests als um Leben und Tod. Den emotionalen Kern bietet mal wieder Matts Selbstzweifel, der in Selbsthass umschlägt, da er der Versuchung nachgibt, mit Dakota zu schlafen, während er sich emotional von seiner Frau löst. Die Erkenntnis: Er ist selbst schuld an der Misere.

Lady Bullseye hat einen Plan B. Davon später mehr – in Brubakers Finale mit Kingpin: The Return of the King.

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Daredevil: Cruel and Unusual

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Nachdem Matt Murdocks Frau Milla in die Psychiatrie eingewiesen wurde, wütet Daredevil in Hell’s Kitchen mit übertriebener Gewalt. Zur Arbeit geht er nicht mehr. Matt vermisst Milla, besucht sie dreimal die Woche, nur um gesagt zu bekommen, dass sie mehr Abstand brauche, um sich zu erholen.

Dann bittet Luke Cage die Privatdetektivin Dakota North um Hilfe: Ein Mann „Big“ Ben Donovan sitzt angeblich unschuldig im Todestrakt. In wenigen Tagen soll er hingerichtet werden, weil er drei Kinder geköpft haben soll. Der Fall scheint aussichtslos: Donovan hat gestanden – und er bleibt auch bei der Geschichte, als Matt den Fall übernimmt. Doch seine Supersinne sagen ihm: Donovan lügt. Nur warum? Was verbirgt er und wer steckt in Wahrheit hinter dem Mord und der Verschwörung?

Es ist eine kurze Story, erzählt in fünf Kapiteln (Daredevil #106-110), sie kommt völlig ohne Superschurken aus, ist sehr dialoglastig, aber dafür liest sie sich sehr spannend. Die Paranoia wird spürbar, wenn Matt und Dakota bedroht werden und ihr Leben für einen Todeskandidaten riskieren. Am Ende taucht dann doch ein alter Bekannter auf: der Gauner Slaughter, der eigentlich im Ruhestand sein sollte.

Matt versinkt mal wieder in Selbstmitleid und Selbstzerfleischung, bis er dann gesagt kriegen muss, dass es nicht immer nur um ihn gehe. Das ist die Lektion, die er hier lernt, um sich aus dem Loch zu ziehen.

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Daredevil: Hell To Pay Vol. 1-2

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Kaum ist Matt Murdock aus dem Knast raus, geht der Ärger weiter. Insasse Melvin Potter wird beschuldigt, zwei Menschen ermordet zu haben – mit Kettensägenblättern, Gladiator-Style. Doch er will damit nichts zu tun haben. Eigentlich sollte er bald entlassen werden. Melvin wird in die Psychiatrie gebracht, wo er dann wieder zwei Menschen umbringt. Matts Kollegin Becky Blake übernimmt dessen Verteidigung. Doch dann bricht er aus und wird wieder zum Gladiator.

Daredevil muss derweil mitansehen, wie ein Gauner völlig durchdreht, zuerst sich und dann sich selbst erschießt. Dann taucht auch noch Lilly Lucca auf, die Matt in Europa kennengelernt hat. Obwohl sie Vanessa Fisks betörendes Parfum seit Monaten nicht mehr benutzt, sind Männer immer noch verrückt nach ihr und gehen für sie über Leichen.

Die erste Hälfte der Storyline hat es in sich. Hier fährt Autor Ed Brubaker zur Höchstleistung auf, selten ist ein Daredevil-Comic so spannend wie hier, und Zeichner Michael Lark lässt ausdrucksstarke Bilder sprechen, wie etwa auf einer Seite fast ohne Worte, in der sich Matt an die Frauen in seinem Leben zurückerinnert, die gestorben sind.

ACHTUNG SPOILER!

Die zweite Hälfte kann da, obwohl immer noch erstklassig erzählt, nicht ganz mithalten. Hinter all dem steckt ein alter Bekannter, der klassische Superschurke Mr. Fear (Larry Cranston). Er hat die Enforcers (Ox, Montana, Fancy Dan) auf seiner Seite und einen bösen Plan ausgeheckt, wie er Matt das Leben zur Hölle machen kann.

Auch hier folgt wieder eine dramatische Wendung auf die nächste: Matts Frau Milla versucht aus einem plötzlichen Anfall von Eifersucht heraus, Lilly vor die U-Bahn zu stoßen und bringt dabei einen Unbeteiligten um. Dann wird alles immer schlimmer, als noch ein Bandenkrieg ausbricht, doch der Grund für all das ist schwach motiviert. Mr. Fear mag Matt einfach nicht. Eine Verschwörung von Born-Again-Ausmaßen, aber ohne die Jahre der Feindschaft von Wilson Fisk. So verpufft das Ende auch ziemlich schnell und einfach in einer simplen Prügelei, bei der Mr. Fear kein wirklicher Gegner ist.

Interessant ist jedoch, dass am Ende alles nicht wieder gut ist, sondern Daredevils Triumph bloß ein scheinbarer. Warum sich Mr. Fear aber verhaften lässt, warum er gesteht und dann im Knast seine Macht auslebt, statt einfach sofort abzuhauen, bleibt rätselhaft.

Daredevil #100 ist mal wieder eine typische Showcase-Ausgabe, in der alte Veteranen und neue Künstler dem Teufel alle Ehre erweisen, während Matt halluziniert: John Romita Sr, Gene Colan, Bill Sienkiewicz, Alex Maleev und Lee Bermejo. Und die Cover von Marko Djurdjevic – einfach meisterhaft.

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Daredevil: The Devil Inside and Out Vol. 1-2

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Ed Brubaker macht da weiter, wo Brian Michael Bendis aufgehört hat: Matt Murdock sitzt im Knast, weil er angeklagt wird, Daredevil zu sein. Zu seiner Sicherheit wird er in Einzelhaft verwahrt, doch das FBI besteht darauf, ihn in die normale Haft zu bringen – zusammen mit Wilson Fisk alias Kingpin, der ebenfalls einsitzt. Matt kämpft ums Überleben wie um seinen Ruf, denn es darf nicht herauskommen, dass er wirklich Daredevil ist. Derweil springt ein Doppelgänger im Teufelskostüm über die Dächer von Hell’s Kitchen. Wer mag das sein? Und dann wird plötzlich Foggy Nelson ermordet …

Es ist keine typische Daredevil-Story, die hier erzählt wird. Eigentlich fast gar keine Daredevil-Story, wäre da nicht der unbekannte Nachahmer. Stattdessen sehen wir bloß einen blinden Anwalt, der sich im Knast durchschlägt. Und es wird geredet. Sehr viel geredet. So viel, dass dafür kaum die Seiten reichen. Daher werden zuweilen zwölf Panels auf eine Seite gequetscht mit lauter Talking Heads. Keine Frage: Ed Brubaker versteht es trotzdem zu fesseln, er schreibt gute Dialoge, aber es kommt dabei kein richtiger Superhelden-Comic heraus. Darauf muss man sich beim Lesen einstellen.

Schon Bendis hat den Weg dafür geebnet, etwas anderes als das Übliche Schema F zu schreiben. Brubaker setzt das in seinem Geiste fort: Es ist eine Verschwörungsstory, bei der Matt ausbrechen und herausfinden muss, wer ihm an den Kragen will und seinen Freund umbringen ließ. Die Auflösung überrascht, ob sie überzeugt, das sei dahingestellt. Klar ist, es bleibt alles im bekannten Figurenkreis. Die Wendung ganz am Ende ist viel interessanter, als Matt eine folgenschwere Entscheidung treffen muss. Die will ich aber nicht verraten.

Ansonsten sehen wir kleine Auftritte von Bullseye, Iron Fist, Matador und Tombstone. Matt reist nach Europa, was vor allem Paris bedeutet, weil der Eiffelturm nun mal den größten Wiedererkennungswert hat, verliebt sich schon wieder und wird schwer enttäuscht.

Zeichner Michael Lark (der mit Brubaker auch an Gotham Central gearbeitet hat) liefert eine wunderbare Noir-Stimmung mit lebensnahen Figuren und einigen spektakulären Sequenzen.

Daredevil: Ninja (2000-2001)

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Bei Matt Murdock bricht jemand ein und klaut den Stock seines Mentors Stick. Als Daredevil hetzt er hinterher und erwischt eine junge Frau, die gelassen auf einem Hausdach grünen Tee trinkt. Woher sie die Ruhe und vor allem die Schale hat – das größte Rätsel der Geschichte. Man prügelt sich. Dann kommt noch ein weiterer Teetrinker dazu. Daredevil wird überwältigt, bewusstlos und wacht bald darauf in Japan auf.

The Chaste, eine Gruppe guter Ninjas, hat Beef mit den bösen Ninjas von „The Hand“ und benötigt Daredevils Hilfe. Warum haben sie dann nicht einfach gefragt? Weil sie nicht wussten, ob er es noch drauf hat. Sie mussten ihn testen. So zumindest die offizielle Erklärung. Die inoffizielle ist klar: Damit es coole Kampfsequenzen und ein bisschen Geheimniskrämerei gibt, die die Spannung erhöhen.

Die Spannung geht jedoch schnell flöten. Ein kurzer Besuch bei „The Hand“, dann geht es gemeinsam wieder zurück in die USA. Zwischendurch wird unfassbar viel geredet und erzählt, um die dünne Handlung zu erklären. Am Flughafen dann noch ein Kämpfchen und dann hauen die Besucher wieder nach Hause ab – ohne Abschied und Danke.

Was sollte das bitte? Autor Brian Michael Bendis startet mit seinem Daredevil bescheiden. Die Zeichnungen von Rob Haynes sind zwar dynamisch, aber die Gesichter ausdrucksarm, dazu kommen seltsam blasse Farben, die fehlenden Schatten – eine seltsame Stimmung, mit der man bis zum Schluss nicht warm wird.

Am Ende wird Stick als Karen wiedergeboren – das Baby aus Guardian Devil – und von der Ninja-Frau vom Anfang adoptiert … Doch auch dieser Twist am Ende rettet diesen Dreiteiler nicht. Das geht besser. Und das wird es auch. Denn Bendis beginnt hier erst, sich warmzulaufen.

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